Erschienen im Wirtschafts Kurier 3. Quartal 2021.
Man sollte immer nur so viel Holz schlagen, wie durch planmäßige Aufforstung wieder nachwachsen kann. Mit diesem simplen Gedanken legte Hans Carl von Carlowitz im Jahr 1713 den Grundstein für unser heutiges Nachhaltigkeitsdenken. Wenig bekannt ist aber, dass dieser ursprünglichen Sichtweise ein knallhartes ökonomisches Kalkül zugrunde liegt. Heute allerdings erstreckt sich die weitläufige Verwendung des Begriffs „Nachhaltigkeit“ auch auf soziale und ökologische Aspekte. Was genau damit gemeint sein soll, weiß niemand so richtig. Deshalb sind Debatten in diesem Bereich häufig sehr ermüdend. Es ist ökologisch nachhaltig, CO2-Emissionen zu verringern. Durch die Maßnahmen steigen u.a. Preise fürs Benzin. Manch einen stört das nicht, manch einer ändert sein Verhalten. Wenn die erhöhten Kosten aber die alleinerziehende Mutter auf dem Land treffen, die ohne Auto nicht zur Arbeit kommt und daher Einkommensverluste hinnehmen muss, können wir von sozialer Nachhaltigkeit nicht mehr sprechen. Mich beschleicht immer wieder das Gefühl, dass der Begriff der Nachhaltigkeit immer dann verwendet wird, wenn Interessen durchgesetzt werden sollen. Diese Interessen können vielfältig sein – bei der Gewerkschaft ein höherer Lohn, bei einer Umweltorganisation strengere Grenzwerte für CO2. Ich finde, diese Interessen sind legitim und können auf vielfältige Weise begründet werden, auch ohne diesen heutzutage sehr verwaschenen Begriff zu verwenden. Im Prinzip geht es uns doch in einer Demokratie immer um das Eine: Den Interessensausgleich. Das gilt auch für Unternehmen. Genau wie Umweltverbände ihre ökologischen Ziele vertreten sollten, sollten wir uns als Unternehmen auf unsere Kernbereiche fokussieren. Unternehmenszweck ist immer noch die Gewinnerzielungsabsicht; alles andere wäre nicht nachhaltig. Halten wir also Diskussionen aus, benennen Konflikte klar bei ihrem Namen und lassen wir uns nicht durch einen Wischi-Waschi-Begriff in die Irre führen, der Probleme überdeckt, statt sie offen zu legen. Dann können wir auch Zielkonflikte besser erkennen und zu einem wirklichen Ausgleich bringen, also zu einer optimalen Lösung im Sinne der Allgemeinheit. Damit wäre uns allen geholfen.