Jeannine Budelmann
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Digitalisierung – was bleibt?
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Digitalisierung – was bleibt?

Erschienen in markt & wirtschaft westfalen 3/21.

48 % der Wirtschaftsjunioren finden, dass sich die digitale Zusammenarbeit mit ihren Kunden seit Beginn der Pandemie verbessert hat. Keine große Überraschung, schließlich hatten wir Unternehmer keine andere Wahl. Doch wie wird unsere Wirtschaftswelt aussehen, wenn wir uns wieder frei entscheiden können, wie wir arbeiten möchten?

Sicher scheint, dass Technik aus vorvergangenen Zeiten nun endgültig verschwinden wird. Sei es, weil sich Unternehmen nun umgestellt haben oder weil sie den Wandel nicht überlebt haben. Die faxbasierte Auftragsannahme ist ein solches Relikt. Selbst der Ein-Mann-Betrieb von nebenan nutzt nun die Email als Standard für geschäftliche Kommunikation.

Wie immer gab es auch in dieser Krise Unternehmen, die sich schneller an die neuen Bedingungen angepasst haben, als andere. Viele alteingesessene Betriebe, denen der Wandel bislang schwerfiel, kommen jetzt aus finanziellen Gründen in die Verlegenheit, Prozesse effizienter zu machen und ihr Unternehmen wieder neu aufzustellen. Da ist zum Beispiel der Metallbauer, der sich in den vergangenen vierzig Jahren auf Geldwechsler-Maschinen spezialisiert hat. Jetzt, wo wir einen Schub des bargeldlosen Bezahlens erleben, hatte er keine Wahl, als sich zu überlegen, wie er sein Know-How noch sinnvoll einsetzen kann. Mittlerweile arbeitet er als Auftragsfertiger für kundenspezifische Kleinserien und stellt sich auf ständig wechselnde Kundenanforderungen ein.

Nach einigen Monaten im Ausnahmezustand gibt es nun auch Vorbilder dafür, wie digitale Werkzeuge das Arbeiten einfacher machen können: Digitale Workshops, Best practices und digitale Sprechstunden von Kammern und Verbänden stellen wertvolle Impulse bereit. Die Bereitschaft der Unternehmen, sich gegenseitig zu helfen und offener über Erfahrungen auszutauschen ist gestiegen. Wir sehen uns also zwangsläufig einer digitaleren Wirtschaft mit effizienteren Prozessen gegenüber. Das ist gut so und war längst überfällig! Was wir jetzt aber nicht aus den Augen verlieren dürfen, sind wir selbst. Auch das Wirtschaftsleben wird von Menschen geprägt. Menschen, deren ganz persönliche Bedürfnisse in den letzten Monaten stark eingeschränkt waren. Die Basis für eine gute Zusammenarbeit sind gegenseitiges Vertrauen und Rücksichtnahme. Wenn wir nun die effizienteren Prozesse mit einer Kommunikation verbinden, die auf Vertrauen und Wertschätzung basiert, können wir gemeinsam mit unseren Geschäftspartnern die Zukunft positiv gestalten. Ich wünsche mir, dass wir den Wert der persönlichen Begegnung und des vertrauensvollen Zwiegesprächs erkennen und in unsere neue Arbeitswelt mitnehmen. Beziehungen sind der Motor einer funktionierenden Wirtschaft. Die Digitalisierung ist das Öl, das den Motor auch weiterhin am Laufen hält. Pflegen wir also unseren Motor und arbeiten an einer wertschätzenden Kommunikationsstruktur!