Jeannine Budelmann
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New Work: Zeit, dass sich was dreht
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New Work: Zeit, dass sich was dreht

Erschienen in Markt und Mittelstand 10-11/2020.

Ein halbes Jahr ist seit der Verhängung der ersten Kontaktbeschränkungen mittlerweile vergangen. Unsere Laptops sind um fünf verschiedene Videokonferenztools reicher. Wir haben unsere Homeoffice-Arbeitsabläufe optimiert und die Vorzüge von flexiblen Arbeitszeiten nicht nur für uns, sondern auch für das Wohlbefinden des Hundes erkannt: Der kommt nun auch tagsüber häufiger mal raus. Gleichzeitig sehnen wir uns nach der Ruhe und Ordnung des Büros. Nach dem zwanglosen Informationsaustausch an der Kaffeemaschine und dem realen Kontakt zu echten Menschen.

Ganz plötzlich hat die Welt im März New Work entdeckt und umgesetzt. Was früher – besonders hierzulande – unmöglich erschien, ist nun gelebte (und von manchen geliebte) Realität. Wir sollten diese Umbruchstimmung nutzen. Genau jetzt ist die Zeit, in der gute Führungskräfte die etablierten Vor-Corona-Strukturen hinterfragen sollten. Genau jetzt können wir einen Cut machen: Was lief gut in den vergangenen Monaten, und was geht besser? Welche Prozesse und Entscheidungswege können wir künftig zum Standard erheben? Aus unseren Erkenntnissen ergeben sich Umsetzungsmöglichkeiten – und möglicherweise strukturelle Veränderungen. Diesen neuen Rahmen müssen wir dann wiederum auch kommunizieren und kultivieren.

Ja, das ist herausfordernd, zumal in diesen Zeiten. Doch wer diese Fähigkeit beherrscht, hat für die nächsten Jahre einen wichtigen Wettbewerbsvorteil: gute Kommunikation, die auf klaren Regeln, aber auch auf gegenseitigem Verständnis und Vertrauen fußt. Damit ist die Basis für New Work gelegt. Offenheit für Veränderung, der Einbezug von Vorschlägen aus dem gesamten Unternehmen, die Bereitschaft, Fehler einzugestehen, und eine Aufgabenteilung auf Basis von Kompetenzen (und nicht mehr Status) sind weitere Schlüssel zum Erfolg in der neuen Arbeitswelt.

Klar ist auch: All das zu lernen und zu verinnerlichen braucht Zeit. Keiner hat gesagt, dass es einfach wird. Doch so kräftezehrend die jetzige wirtschaftliche Situation auch ist, sie birgt eine riesige Chance: Wir können jetzt damit beginnen, unsere Unternehmen in effizientere und gleichzeitig menschlichere Gebilde umzubauen. Was uns bis zum Jahresbeginn wie eine Herkulesaufgabe vorkam, könnte nun ganz schnell gehen. Und dass es nicht so weitergehen kann wie bisher, ist mehr als offensichtlich. Also: ran an die verkrusteten Strukturen! Verteilen wir Verantwortungen neu – und auch die Freiheiten. Wo man sich versteht und vertraut, ist das möglich. Wer sich traut, wird belohnt: Denn auf diesem Nährboden gedeiht Kreativität und wächst Innovation. Was haben wir gerade zu verlieren? Nicht viel. Aber zu gewinnen gibt es jede Menge. Der Wettbewerb in den nächsten Monaten und Jahren wird hart, die Märkte sind und bleiben umkämpft. Besser, man ist gut vorbereitet: mit dem motivierteren Team, den kreativeren Lösungen und einem effizienteren Betriebsablauf.